Gemeinsam durchs Nadelöhr kommen
Steigende Energiekosten und sinkende Abfallmengen führen zu Kurzarbeit bei der KAVG
Minden/Hille 24.10.2022: Die Energiekrise macht auch vor der KAVG (KreisAbfallVerwertungsGesellschaft mbH Minden-Lübbecke) nicht halt: Die Kosten steigen, die Einnahmen sinken. Darauf musste nun der Aufsichtsrat der KAVG reagieren. „Wir haben uns die Entwicklung intensiv angeschaut, lange beraten und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir in dieser Krise alle Mitarbeitenden mitnehmen und halten wollen“, sagt Geschäftsführer Henning Schreiber. „Dennoch spitzt sich die Lage momentan von zwei Seiten zu, wir können nicht weitermachen wie bisher. Die Stromkosten steigen, gleichzeitig sind unsere Anlagen wegen geringerer Abfallmengen momentan nicht voll ausgelastet. Ab dem 1. Januar 2023 werden deshalb Teile der KAVG in Kurzarbeit gehen. Hierüber haben wir natürlich zuerst die betroffenen Mitarbeitenden informiert.“ Dazu gehören die Abteilungen MBA (Mechanisch Biologische Abfallbehandlung), Deponie, Logistik, Waage und Wertstoffhöfe sowie die Verwaltung. Hier sind Reduzierungen der Arbeitszeit um 30 Prozent im Bereich Anlagen und Logistik bzw. 20 Prozent im Bereich der Verwaltung geplant.
Wie lange dies so sein wird, hängt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab. „So lang wie nötig und so kurz wie möglich“, fasst es Henning Schreiber zusammen. Dabei geht es vor allem um Abfallmengen und Energiekosten. Einschränkungen für die Bürger*innen oder Anlieferer soll es nicht geben. „Wir werden alles daransetzen, den gewohnten Servicegrad aufrecht zu erhalten“, so Schreiber.
Die Gewerbeabfälle waren bereits coronabedingt seit 2020 deutlich zurückgegangen. Seither gibt es immer wieder Lieferengpässe, auch das Verbraucherverhalten verändert sich entsprechend der Lage. Nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine sind die Auswirkungen in vielen Bereichen zunehmend spürbar. Aufgrund der Gesamtentwicklung sind die Abfallmengen stetig zurückgegangen. Je nach Art des Abfalls liegt die Menge aktuell etwa 20 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Durch den diesjährigen trockenen Sommer gab es außerdem deutlich weniger Bioabfall und Grünschnitt angesichts der abgeschwächten Vegetation. Auch dies bedeutet Umsatzeinbußen.
Auf der anderen Seite steigen die Energiekosten. Was sich zunächst – und im Wesentlichen – in diesem Jahr bei den Kraftstoffpreisen zeigte, setzt sich voraussichtlich im kommenden Jahr bei den Strom- und Gaskosten fort. Letzteres ist für die KAVG ein geringeres Problem, denn sie produziert aus Abfallstoffen selbst Gas und setzt es in den eigenen Anlagen wieder ein. Die größere Herausforderung sind die steigenden Stromkosten. Derzeit sind diese um das Fünffache höher als im Vorjahr. Besonders betroffen ist hiervon das Heizkraftwerk im Mindener Hafen, in dem aus Abfällen hochwertiger Prozessdampf für ein benachbartes Chemieunternehmen produziert wird. Auch die Kosten für Fremdleistungen sowie die Kosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für Ersatzteile erhöhen sich. Eine mögliche Weitergabe der gestiegenen Kosten ist nach jetzigem Stand nicht unbedingt absehbar. Die Mengen stagnieren, einige Anlagen sind nicht ausgelastet. Kurzarbeit ist also auch in dieser Hinsicht eine passende Lösung um die Kosten zu senken, zusammen mit weiteren Einsparungseffekte im operativen und investiven Bereich.
„Gerade weil wir wissen, dass diese Maßnahme für unsere Mitarbeitenden eine zusätzliche Härte darstellt in einer ohnehin schon schweren Zeit, ist uns diese Entscheidung wahrlich nicht leicht gefallen“, sagt Henning Schreiber. „Wir werden die KAVG gemeinsam mit allen Mitarbeitenden durch dieses „Nadelöhr“ bekommen, um nach einer Stabilisierung wieder in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen. Schließlich bleibt es auch in Zukunft wichtig, die Abfälle oder besser gesagt Ressourcen aus dem Mühlenkreis zu wertvollen Rohstoffen und/oder Energie zu verwerten.“